Thema der Ausgabe 6/2023:

Gesundheit inklusiv

„Bis zu einer wirklich inklusiven Gesundheitsversorgung ist es noch ein weiter Weg.“ (Josef Fragner, Chefredakteur)

 

Intro:

Josef Fragner, Chefredakteur

Gesundheit inklusiv

Gesundheit inklusiv‭

Schmerzen und Krankheiten werden bei Menschen mit Beeinträchtigungen häufig nicht rechtzeitig erkannt und angemessen behandelt.‭ ‬Was passiert,‭ ‬wenn diese Menschen ins Krankenhaus müssen‭? ‬Jörg Stockmann beschreibt die Arbeitsweise der‭ „‬Medizinischen Zentren für Erwachsene mit Behinderung‭ (‬MZEB‭)“‬,‭ ‬in denen sich ein multiprofessionelles Team um Patient:innen mit komplexer Behinderung kümmert.‭

Wie Gesundheitsförderung gelingen kann, zeigen Nikola Schwersensky, Theresa Allweiss und Reinhard Burtscher am Beispiel gesunde Ernährung auf. Reinhard Burtscher hat dieses Heft auch kuratiert. Gesundheitsförderung passiert nicht von allein, doch bei allen Bemühungen müssen Menschen mit Lernschwierigkeiten ihr Recht auf Autonomie und Selbstbestimmung wahrnehmen können.

Marion Sigot stellt die Erfahrungen, Perspektiven und die Rechte von Frauen mit Lernschwierigkeiten in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Ein zentrales Forschungsergebnis ist, dass es an Respekt mangelt, wenn es um die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen geht.

Theresa Wagner und Elisabeth Lucia Zeilinger nehmen die Krebsvorsorge bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung ins Visier. Dabei soll der Fokus auf verstärkte Aufklärung, Unterstützung und Sensibilisierung gelegt werden. Dies könnte die Angst vor Untersuchungen verringern und deren Bedeutung erkennen lassen.

Das Konzept der „Milieugestaltung“ bei Menschen mit Lernschwierigkeiten, die an einer Demenz erkrankt sind, diskutiert Ingeborg Thümmel. Eine positive, wertschätzende und unterstützende Atmosphäre schafft und erhält Wohlbefinden.

Nur im leiblichen Kontakt erlernen wir Empathie. „Eine Gesellschaft, in der wir voneinander nicht mehr berührt werden, im leiblichen und zugleich im emotionalen Sinn – eine solche Gesellschaft können wir auf die Dauer nicht ertragen.“ Die leibliche Anwesenheit, das Zusammenleben in Beziehung, die Konvivialität mit dem Lebendigen, das sind nach Thomas Fuchs die zentralen Motive eines neuen, verkörperten Humanismus.

Eugenisches Gedankengut spukt weiter in unseren Köpfen herum und greift diesen Humanismus an. Martin Bauer und Jens Bisky fassen die Gedanken über eugenische Phantasmen von Dagmar Herzog zusammen. Fragen von körperlicher Gesundheit und Krankheit wurden mit Fragen von Schuld und Sühne vermengt und religiöse und moralische Erwägungen mit finanziellen verwechselt. Eugenik verlernen – das hieß und heißt, sich von der Wahnvorstellung des Volkskörpers zu verabschieden, behinderte Menschen als Subjekte anzuerkennen, die Unterscheidung in förder- und nicht förderfähig zurückzuweisen, auf Inklusion zu setzen und in Phantasmen von Gesundheit und Stärke antihumane Affekte zu erkennen.

Wir stellen einige nachahmenswerte Projekte zur Gesundheitsförderung vor:

Caren Keeley, Timo Dins, Michaela Naumann und Pia Mairhofer arbeiteten Handlungsempfehlungen zur Gesundheitskommunikation bei und mit Menschen mit komplexer Behinderung aus.

Dirk Bruland, Antonia Mauro und Änne-Dörte Latteck präsentieren ihr Projekt zur Förderung von Bewegungskompetenzen und körperlicher Aktivität von Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Dirk Bruland entwickelte gemeinsam mit Nils Sebastian Vetter, Matthias Voß, Norbert Seidl und Änne-Dörte Latteck Kompetenzvideos für Menschen mit Lernschwierigkeiten zur Förderung der Gesundheitskompetenz.

Christian Walter-Klose berichtet vom Forschungsprojekt „Gesundheit in der Stadt“, das nach partizipativen Methoden in der Stadtplanung fragt, um die Städte für alle Bürger:innen inklusiver und lebenswerter zu machen.

Josef Fragner, Chefredakteur

 

 

Inhalt:

Artikel
Was verbirgt sich hinter der Abkürzung MZEB?
Verkörperung und Beziehung. Für einen zeitgemäßen Humanismus
Zweites Zuhause
Die Eugenik verlernen
Ein Rucksack voller Hausaufgaben
Unvergessen bleibt die große Gastfreundschaft der einfachen Menschen
"Nicht schon wieder übers Essen reden!"
Rechte, Erfahrungen und Perspektiven von Frauen mit Lernschwierigkeiten im Kontext von Gesundheit
Inklusive Krebsprävention
Gesundheitsförderung und Prävention bei demenziell erkrankten Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung
Leichte Sprache - Einfache Sprache
Selbstbestimmt Wohnen in Tirol
"Gute Job-Ausichten!?"
Gemeinsam Gesundheit erschließen
Mit Schwung und Energie durch den Tag
Videos zur Förderung der Gesundheitskompetenz
Gesundheit in der Stadt
Was ist Gesundheit?
"Euthanasie" im Namen der Schönheit
Janina Falk fühlt sich beim Schwimmen frei
Große Bühne für Inklusion
Das Zwischenmenschliche steht im Bühnenlicht
Heinrich Reisenbauer im Porträt
Bücher
Filmtipp: Wochenendrebellen
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