Bunte, ineinander verschachtelte Altstadthäuser

„In der Altstadt“, Gemälde von Petra Frühauf. Sie ist Künstlerin der Remstal Werkstätten der Diakonie Stetten e.V.

Spiel als Inklusion – Inklusion als Spiel

Es ist an der Zeit, einige trügerische Gewissheiten zum kindlichen Spiel zu erschüttern. Vielfach wird gerade in der Qualifikation frühpädagogischer Fachkräfte angenommen, dass als bekannt vorausgesetzt werden kann, was unter Spiel zu verstehen sei. Wer allerdings in die einschlägige Literatur zum Thema schaut, wird dort eine große Unsicherheit in der Begriffsbestimmung feststellen. Auch die Gleichsetzung des Freispiels mit einer Methode (Lorentz 1992) verstellt eher den Blick auf das freie Spiel von Kindern und ihre phantasievollen Eigenkreationen, als dass die Kinder tatsächlich zur Freiheit im Spiel angeregt würden. Weder eine Didaktik des Spiels noch Interventionen in kindliche Spieltätigkeit sind ohne weiteres möglich, ohne den Charakter des Spiels zu zerstören. Gerade in der Ausbildung von frühpädagogischen Fachkräften bedarf es von daher einer grundlegenden Neuorientierung im Bereich der spielpädagogischen Qualifikation. Das gilt besonders angesichts der Gestaltung inklusive Spielprozesse in Kindertageseinrichtungen.

1. Spiel und Inklusion – eine Grundlegung 

Mit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) steht die BRD laut Artikel 24 vor der Aufgabe, ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen zu entwickeln. Der Elementarbereich – und damit die Kindertageseinrichtungen – soll unter dem neuen bildungspolitischen Leitbild der Inklusion ebenfalls weiterentwickelt werden (Heimlich 2013, 2015a, 2015b). Zum Prüfstein gerät dabei zunehmend die Frage nach der Partizipation von Kindern an diesem Prozess. Bezogen auf Kinder mit Behinderung stellt sich die Frage der Teilhabe noch einmal in weitaus radikalerer Weise. Hier gilt es sicher auch, neue Partizipationsmöglichkeiten zu entdecken, die tatsächlich allen Kindern Teilhabechancen eröffnen (Heimlich & Behr 2013a, 2013b; Heimlich 2008a, 2008b). Das kindliche Spiel gewinnt vor diesem Hintergrund eine herausragende Bedeutung, weil es eine kindgemäße Tätigkeit ist und zugleich enorme Einflüsse auf Bildung und Entwicklung hat. 

 

1.1 Bedeutung des Spiels in der kindlichen Entwicklung

Die Attraktivität des kindlichen Spiels besteht aus der Perspektive der Kinder gerade darin, eine Kontrolle über die äußere Wirklichkeit zu erlangen, die sie im alltäglichen Leben noch nicht erreichen können. Dazu ist Phantasie erforderlich, das Aushandeln des So-tun-als-Ob, das Vereinbaren des Spielcharakters einer konkreten Handlung. Dies sind die wesentlichen Gründe, warum Kinder zu allen Zeiten und in allen Kulturen in mehr oder weniger großem Umfang Spieltätigkeiten aus eigenem Antrieb aufgenommen haben. Der kanadische Sozialpsychologe Joseph A. Levy hat diese Merkmale des Spiels in einer bis heute gültigen Definition als „Intrinsic Motivation“, „Internal Locus of Control“ und „Suspension of reality“ bezeichnet (Levy 1978, S. 19). Immer dann, wenn in einer kindlichen Tätigkeit diese Merkmale überwiegen, können wir davon ausgehen, dass es sich um Spieltätigkeiten handelt. Zugleich geht Levy von der Annahme aus, dass Kinder über diese Spieltätigkeiten ihre Persönlichkeit entfalten (unfolding of individuality). Auf dieser Basis kann jede Spieltätigkeit, die diese Merkmale in vollem Umfang erfüllt, als Freispiel bzw. freies Spiel bezeichnet werden (Wannack et al. 2011).

Im Laufe der kindlichen Entwicklung – besonders in den ersten zehn Lebensjahren – erweitert sich das Spektrum der kindlichen Spielformen zunehmend (Zimpel 2014; Mogel 2008). Während Kinder in den ersten Lebensjahren im Spiel vorrangig ihre soziale und materielle Umwelt erkunden (Explorationsspiel) und besonders an den taktilen Eigenschaften von Gegenständen und deren Funktionsweise interessiert sind, lösen sie sich im Kindergartenalter zunehmend von konkreten Gegenständen und anwesenden Personen ab, um sich eine fiktionale Welt zu errichten. Das Gespräch mit imaginären Spielpartnern oder das Umfunktionieren von Alltagsgegenständen innerhalb eines Spielgeschehens öffnet in Verbindung mit der sprachlichen Entwicklung ein weites Feld von kreativen Gestaltungsmöglichkeiten. Aus diesem Phantasiespiel entwickeln sich im Grunde alle weiteren Spiele. Das Rollenspiel beginnt bereits in den Familienspielen oder dem Nachspielen von Filmszenen im Kindergartenalter und erweitert sich über die Vorführung kleinerer Spielszenen bis hin zum Theaterspielen. Während Kinder im Alter vor dem Schuleintritt Spielregeln meist noch sehr kreativ und phantasievoll auslegen und keineswegs als unantastbar betrachten, liegt in der Einhaltung der Spielregeln z.B. bei Brettspielen gerade der Reiz des gemeinsamen Spiels (Regelspiel). Im Bau- und Konstruktionsspiel werden schließlich die Grenzen des jeweiligen Materials ausgelotet – möglicherweise sogar erweitert – oder es wird gleich mit eigenen Gestaltungen etwas Neues entworfen. Ein tragendes Element dieser Spielentwicklung in den ersten Lebensjahren ist die Peer-Beziehung, das Spiel mit Gleichaltrigen. Gerade im interkulturellen Vergleich wird klar ersichtlich, welche großen Unterschiede zwischen verschiedenen Kulturen auch in den sozialen Beziehungen von Kindern bestehen (Corsaro 2015). Während Konflikte zwischen Kindern in einem kulturellen Kontext das gemeinsame Spiel in der Gruppe der Gleichaltrigen in Frage stellen bzw. zum Abbruch führen, stiften gerade Konflikte und Auseinandersetzungen zwischen Kindern in einem anderen kulturellen Kontext ein Gefühl von Gemeinschaft und das Bedürfnis nach Gruppenbildungen (König 2007, 2008). 

In der entwicklungspsychologischen Betrachtung des kindlichen Spiels hat sich vor diesem Hintergrund immer wieder gezeigt, welche vielfältigen Zusammenhänge zwischen Spieltätigkeiten und den verschiedenen Entwicklungsbereichen bestehen. Ganz im Sinne des Perspektivenwechsels, den auch Annedore Prengel in ihrer Expertise zur Partizipation einfordert (Prengel 2016), kann das kindliche Spiel aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden. Das Spiel von Kindern wirkt sich nach vorliegenden Erkenntnissen der modernen Entwicklungspsychologie sowohl auf die kognitive Entwicklung und die emotionale Entwicklung als auch auf die soziale, die sensomotorische Entwicklung und die biologische Entwicklung von Kindern aus, wie die moderne Hirnforschung gezeigt hat (Zimpel 2013). Im Ergebnis wird die Spieltätigkeit als eine multidimensionale Tätigkeit sichtbar, die in den ersten Lebensjahren im Grunde mit Lerntätigkeiten gleichgesetzt werden kann (vgl. Heimlich 2015a, S. 198). 

 

1.2 Inklusive Spielsituationen und Spielprozesse

Gerade die Multidimensionalität des Spiels bietet nun den Zugang zum inklusiven Potenzial kindlicher Spieltätigkeiten. Wenn das kindliche Spiel sich auf die kognitive, die emotionale, die soziale, die sensomotorische und die biologische Entwicklung auswirkt, dann sind die Teilhabechancen und die Teilhabemöglichkeiten für Kinder mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Voraussetzungen in weitaus höherem Maße gegeben, als das in vielen anderen Tätigkeiten der Fall ist. Neben dem Phantasieelement des Spiels betonen Gerald Hüther und Christoph Quarch (Hüther & Quarch 2016) aus neurobiologischer und philosophischer Sicht als zentrale Signaturen des Spiels die Verbundenheit und die Freiheit. Spiel heißt in der Regel mit anderen spielen, richtet sich stets an ein Du und schafft so Gelegenheit zur Mitbestimmung. Aber auch die Losgelöstheit von bestimmten vorgegebenen Zwecken im Sinne von Selbstbestimmung ist einer der Gründe, warum Spieltätigkeiten von Kindern gesucht werden. Partizipation wird so zu einem Schlüssel für gelingende Bildungsprozesse in Kindertageseinrichtungen (Hansen 2015).

Von daher ist es auch nicht verwunderlich, dass das gemeinsame Spiel von Kindern mit und ohne Behinderung in inklusiven Settings einen zentralen Platz einnimmt (Kron et al. 2010; Kron 2008; Heimlich 1995). Alle weiteren strukturierten und von den Fachkräften initiierten Angebote wie der Stuhlkreis, kreative Projekte und Trainingsprogramme bzw. Therapiemaßnahmen gruppieren sich um dieses Zentrum (Heimlich 2013). Kinder mit und ohne Behinderung begegnen sich im gemeinsamen Spiel, sie fragen nach ihren jeweiligen Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnissen und versuchen daraus etwas Gemeinsames zu gestalten. Sie regen sich in solchen Spielprozessen gegenseitig zur Entwicklung an und erleben so intensive Prozesse des Voneinander-Lernens, sicher auch im Sinne einer vorurteilsbewussten Erziehung (Anti-Bias-Education, Wagner 2013). Das gemeinsame Spiel von Kindern mit und ohne Behinderung ist von daher in besonderer Weise geeignet, inklusive Momente hervorzubringen, die als Kern inklusiver Bildungsprozesse angesehen werden können (Heimlich 2017). Sie kommen immer dann zustande, wenn alle Kinder am Spiel teilhaben und etwas zum Spiel beitragen können. Dahinter steht eine demokratische Konzeption von Pädagogik, wie sie der nordamerikanische Erziehungswissenschaftler und Philosoph John Dewey (1859–1952) entwickelt hat (Dewey 1916/1993). Demokratie meint hier allerdings nicht nur eine Herrschafts- oder Gesellschaftsform, sondern vielmehr eine Lebensform, die sich im Alltag von Menschen und auch in Bildungseinrichtungen auswirkt und spürbar wird (Himmelmann 2004). Das Spielen selbst hat demokratischen Charakter und ist deshalb inklusiv, weil es die Gleichheit der Mitspielenden voraussetzt und zugleich immense Freiheiten erlaubt, wie André Zimpel in seiner Darstellung des Regelspiels treffend hervorhebt (Zimpel 2014). Teilhabe und Teilgabe sind also in diesen inklusiven Spielmomenten ineinander verschränkt. Voraussetzung dafür ist wiederum, dass Kinder ein aktives Interesse aneinander haben, aufeinander zugehen und sich so mit einem hohen Maß an gegenseitiger Aufmerksamkeit begegnen. Dieser „Ethos der Aufmerksamkeit“ (Waldenfels 2004, S. 275) ist eine der Grundbedingungen für inklusive Bildungsprozesse, auch in Kindertageseinrichtungen und in der frühen Kindheit (Heimlich 2019). 

Inklusive Spielmomente können sich – wenn sie häufiger auftreten – zu inklusiven Spielprozessen erweitern, in denen ein gemeinsames Thema in einer heterogenen Spielgruppe über einen längeren Zeitraum etabliert und möglicherweise sogar immer wieder neu aufgegriffen wird. Gelingt es uns, diese inklusiven Spielprozesse zu verstetigen, so werden inklusive Spielsituationen möglich. Das sind solche Spielsituationen, in denen die Spielmittel, die Spielräume, die Spielzeiten und die Spielpartner so bereitgestellt werden, dass alle Kinder teilhaben und alle etwas beitragen können. Erwachsene sind am Rand dieser inklusiven Spielsituationen zwar präsent, sind aber nicht aktiver Teil des gemeinsamen Spiels.

 

Abb. 1: Inklusive Spielsituationen

Quelle: Eigene Darstellung / nachgesetzt in Behinderte Menschen

 

2. Spiel mit Gleichaltrigen in der Altersgruppe der 0-6-Jährigen

„Rettet das Spiel!“ – so fordern Gerald Hüther und Christoph Quarch in ihrem Gang durch die Bedeutung des Spiels für den Menschen in Geschichte und Gegenwart (Hüther & Quarch 2016). Kinder spielen in den ersten sechs Lebensjahren ca. 15.000 Stunden, das sind etwa sieben Stunden täglich (Zimpel 2014). Damit ist unmittelbar evident, dass das Spiel Kindern in diesem Lebensabschnitt den Zugang zur Welt eröffnet. Entwicklung und Lernen finden in den ersten Lebensjahren überwiegend im Spiel statt. Diese Entwicklung beginnt allerdings nicht als individuelle oder isolierte. Sie ist vielmehr von vornherein auf Kooperation mit den Eltern und mit Gleichaltrigen (peers) bezogen.

 

2.1 Entwicklung der sozialen Spieltätigkeit in den ersten Lebensjahren

Spätestens, wenn sich die Wachzeiten von Säuglingen in den ersten Lebensmonaten allmählich ausweiten und nicht mehr ausschließlich durch Hygiene und Nahrungsaufnahme bestimmt sind, werden spielerische Kontakte zu den Eltern interessant. In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres spielen auch Beziehungen zu Gleichaltrigen allmählich eine Rolle, die sich vom Kontakt zu Erwachsenen unterscheiden. Peerbeziehungen sind durch die „... Gleichartigkeit oder zumindest Ähnlichkeit der Interaktionspartner, was Vorwissen, Status und das Verfügen von Macht über den anderen angeht ...“ (Viernickel 2013, S. 66) gekennzeichnet. Die Kindheitsforschung hat gezeigt, dass sich dabei eine eigene Kinderkultur (peer culture) herausbildet mit eigenen Regeln und Bedeutungen. Corsaro definiert peer culture als ein „ ... stable set of activities or routines, artifacts, values, and concerns that children produce and share in interaction with peers“ (Corsaro 2015, S. 19). Der Anfang der Kommunikation mit anderen wird offenbar durch das „Gestenspiel“ mit ikonischen Gesten (im Unterschied zu bloßen „Zeigegesten“) gebildet, wodurch ein Austausch ohne Sprache möglich wird (Tomasello 2009, S. 159f.). Auf die Bedeutung von Peer-Beziehungen für Lernprozesse und die kognitive Entwicklung macht bereits James Youniss (1994) aufmerksam, indem er den Aushandlungsprozess zwischen peers hervorhebt. Unter der Voraussetzung einer „symmetrischen Reziprozität“ (Youniss 1994, S. 51), in der sich die Beteiligten als gleichwertige Partner begegnen, können „Ko-Konstruktionen“ entstehen (vgl. ebd., S. 19). Kinder lernen dabei, sich in die Perspektive des Gegenübers hineinzuversetzen und gemeinsam neue Perspektiven zu entwickeln. Insofern können wir ebenso von „Kokreativität“ im Spiel sprechen, weil offenbar aus der sozialen Beziehung auch neues entstehen kann (Hüther & Quarch 2016, S. 17).

Die sozialen Spieltätigkeiten entwickeln sich ab dem zweiten Lebensjahr in unterschiedlichen Spielformen (s. auch die ausführliche Darstellung bei Zimpel 2014). Mildred B. Parten hat bereits 1932 eine bis in die Gegenwart hinein gültige Systematik dazu vorgelegt. Basierend auf Beobachtungsstudien unterscheidet sie folgende Formen des sozialen Spiels, auch wenn damit keine Entwicklungslogik im Sinne eines vertikalen Modells angenommen werden kann (Heimlich 1995):

 

Beobachtungsspiel (beobachtet Kinder beim Spielen, begibt sich nicht in das Spiel hinein, keine sichtbare Spielaktivität),

Alleinspiel (spielt allein, Spielmittel unterscheiden sich von denen anderer Kinder, kein Versuch der Annäherung),

Parallelspiel (spielt neben bzw. in der Nähe von anderen Kindern, Spielmittel ähneln sich oder sind gleich, keine Beeinflussung des Spiels anderer Kinder),

Assoziationsspiel (spielt mit den anderen Kindern, gemeinsame Spieltätigkeit, Spielmittelaustausch, gleiche Tätigkeit für alle, Eigeninteressen sind untergeordnet),

Koalitives Spiel (spielt in Gruppen, Eigeninteressen werden untergeordnet, gemeinsames Gruppenziel, feste Rolleneinordnung),

Kooperationsspiel (spielt in Gruppen, gemeinsames Gruppenziel, arbeitsteilig, flexible Rollenübernahme, freiwillige Akte des Helfens).

 

In einer eigenen Beobachtungsstudie in integrativen Kindertageseinrichtungen (n=10) ist auf der Basis von 200 Beobachtungsstunden über drei Zeiträume hinweg gezeigt worden, dass im ersten Kindergartenjahr (also bei Dreijährigen) die Spielformen „Selbstbeschäftigt“, „Beobachtungsspiel“ und „Alleinspiel“ mehr als 50% der Spieltätigkeit von Kindern ausmachen und erst im Laufe des ersten Kindergartenjahrs eine Zunahme des Parallelspiels bei gleichzeitiger Abnahme des Alleinspiels zu verzeichnen ist (vgl. Heimlich 1995, S. 253f.). Dies kann allerdings auch altersabhängige Gründe haben, weil entfaltetes Kooperationsspiel insgesamt eher bei älteren Kindergartenkindern beobachtet wird. Viernickel (2013) weist zusätzlich darauf hin, dass Phantasieelemente erst später in das soziale Spiel einbezogen werden. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich die weitere kognitive und sprachliche Entwicklung im Spiel vollzieht. Eine Situation zu einer Spielsituation umzudeuten, erfordert nun zunehmend sprachliche und kognitive Fähigkeiten. Dass die zentralen kommunikativen Kompetenzen wie Rollendistanz, Empathie, Ambiguitätstoleranz und Identitätspräsentation ebenfalls im sozialen Spiel gelernt werden, ist seit langem bekannt (Heimlich 2015a). 

 

2.2 Soziale Spieltätigkeit in inklusiven Settings – Erweiterung der Forschungsperspektive

Michael J. Guralnick fordert bereits Anfang der 2000er Jahre alternative Ansätze zur Unterstützung von Peer-Beziehungen in inklusiven Settings (Guralnick 2001). Einen dieser alternativen Ansätze sieht er im Modell der „peer-related social competence“, die er definiert als „ability of young children to successfully and appropriately carry out their interpersonal goals“ (ebd., S. 482). Die sozialen Kompetenzen in Peer-Beziehungen bezeichnet er demnach als Fähigkeit von jüngeren Kindern, erfolgreich und angemessen ihre interpersonalen Zielsetzungen zu verwirklichen. Guralnick weist nun darauf hin, dass diese sozialen Kompetenzen von vielen Kindern erfolgreich erworben werden, Kinder mit Behinderung jedoch Schwierigkeiten dabei haben. In Freispielsituationen lassen sich diese Unterschiede noch am wenigsten nachweisen. Kinder mit Behinderung spielen jedoch eher allein, haben Schwierigkeiten, in Kontakt mit Gleichaltrigen zu kommen und gelangen nicht so häufig zu freundschaftlichen Beziehungen (ebd., S. 483).

Kim et al. (2003) legen eine Sekundäranalyse von 13 Interventionsstudien zum Zusammenhang von Spielmitteln und der Gruppenzusammensetzung mit der sozialen Spieltätigkeit von Kindern mit und ohne Behinderung in inklusiven Settings aus den Jahren 1975 bis 1999 vor. Es zeigt sich, dass soziale Spielmittel (social toys) wie Bausteine, Bälle, Verkleidungsmaterial, Puppen, Spielzeugautos eher geeignet sind, soziale Spieltätigkeiten zu unterstützen als isolierte Spielmittel (isolated toys) wie Puzzles, Bücher oder Gestaltungsmaterial. In inklusiv zusammengesetzten Gruppen nehmen die sozialen Spieltätigkeiten insgesamt einen viel höheren Stellenwert ein als in nicht-inklusiven Gruppen. 

Timm Albers (2011) betont in seinen Überlegungen zur Bedeutung der Peer-Beziehung in inklusiven Kindertageseinrichtungen das Spannungsverhältnis von Inklusion und Exklusion. Gerade im Spiel von Kindern mit unterschiedlichen Voraussetzungen ergeben sich seiner Meinung nach Chancen für soziale Teilhabe. Kinder, die miteinander spielen, bezeichnen sich nicht selten auch als Freunde. Manche solcher „Freundschaften“ überdauern gar die konkrete Spielsituation. Aber es gibt auch die Gefahr des Ausschlusses, die für Kinder offenbar in hohem Maße angstbesetzt ist. 

Nach einer Durchsicht zentraler Studien zur sozialen Integration von Kindern mit Behinderung kommt Klaus Sarimski (2012) zu dem Schluss, dass das peer-bezogene Spiel in inklusiven Settings von der Spielumgebung ebenso abhängt wie von der Gruppenzusammensetzung und der Intervention der frühpädagogischen Fachkräfte. Insgesamt ist auch die Zahl der sozialen Kontakte von Kindern mit Behinderung beim Spielen in inklusiven Settings erhöht. 

Auch in Bezug auf die Bedeutung der sozialen Spieltätigkeit für die Inklusion in Kindertageseinrichtungen gilt es, die „Ökologie der Inklusion“ (ecology of inclusion), wie es Kontos et al. (1998) bezeichneten, nicht außer Acht zu lassen. Der Forschungsstand zu den ökologischen Einflussfaktoren des Spiels mit Gleichaltrigen in inklusiven Settings (vgl. Heimlich 2017) ist insgesamt unbefriedigend. Im Grunde liegen hier derzeit keine neuen Befunde im Vergleich zur Sekundäranalyse vom Beginn der 1990er Jahre vor (vgl. Heimlich 1995). Bei der Gestaltung von inklusiven Settings sind wir deshalb einstweilen auf die Befunde zu integrativen Settings angewiesen, auch wenn wir zahlreiche neue Erkenntnisse zu den spezifischen Anforderungen in unterschiedlichen Förderschwerpunkten mit heranziehen können. Insofern wäre die Inklusionsforschung zum Spiel von Gleichaltrigen in inklusiven Settings gut beraten, wenn sie zukünftig wieder vermehrt an ökologischen Rahmenkonzepten anknüpfen würde und damit ebenfalls Mehrebenenmodelle stärker zugrundelegen würde (Albers & Lichtblau 2014; Heimlich 2013). 

 

3. Rolle und Aufgaben frühpädagogischer Fachkräfte – Anforderungen an die Beobachtung und Begleitung inklusiver Spielprozesse 

Auf der Basis der derzeit verfügbaren Daten zum Spiel von Gleichaltrigen in inklusiven Settings stellt sich nun die Frage, ob und wie frühpädagogische Fachkräfte die so bedeutsame soziale Spieltätigkeit von Kindern mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen begleiten und unterstützen können. 

 

3.1 Beobachtung und Dokumentation inklusiver Spielprozesse

Das Spiel von Kindern in Kindertageseinrichtungen zu beobachten, ist bereits Teil einer spielpädagogischen Konzeption. Wenn eine intrinsisch motivierte, selbstkontrollierte und phantasievolle Tätigkeit wie das kindliche Spiel pädagogisch begleitet werden soll, so ist zunächst einmal Zurückhaltung angesagt. Eingriffe von Erwachsenen können ansonsten rasch zum Ende des Spiels führen. Insofern bedarf die Unterstützung und Begleitung von kindlichen Spieltätigkeiten in jedem Fall der sorgfältigen und einfühlsamen Beobachtung. Im Unterschied zur alltäglichen Beobachtung erfordert eine wissenschaftlich fundierte Beobachtung jedoch entsprechende Dokumentationssysteme. Außerdem ist es sinnvoll, die Beobachtungsergebnisse im Team der frühpädagogischen Fachkräfte immer wieder zu besprechen. Nur so können Verzerrungen und Einseitigkeiten bei der Interpretation von inklusiven Spielsituationen vermieden werden. Hilfreich können dabei auch die Videoaufzeichnung und die gemeinsame Analyse im Nachhinein sein. In jedem Fall sollte die Unsicherheit des Wahrnehmungsvorgangs selbst kritisch reflektiert werden. Ernst Martin und Uwe Wawrinowski (2014) haben in ihrer Beobachtungslehre dazu eine Reihe von möglichen Fehlerquellen aufgeführt. 

 

3.1.1 Spieltagebuch

Ethnographische Studien zum kindlichen Spiel haben gezeigt, dass die Spielthemen und die von ihnen entwickelten Regeln des gemeinsamen Spiels nicht so ohne weiteres mit Hilfe der Beobachtung einer sichtbaren Spieltätigkeit erfasst werden. In der Regel sind dazu längerfristige Beobachtungsprozesse (mehrere Wochen oder gar Monate) erforderlich, um sich in die Spielwelt der Kinder hineindenken zu können. Dabei haben sich Tagebuchaufzeichnungen sehr bewährt. Insofern ist es naheliegend, dass frühpädagogische Fachkräfte bei der Begleitung oder nach Abschluss von Freispielphasen inklusive Spielsituationen der Kinder aufzeichnen. Spielthemen sind dabei ebenso interessant wie die einbezogenen Spielmittel und Spielräume. Neben Paperblanks könnten dabei auch Tablets (z.B. ein iPad) zum Einsatz kommen. Bei der Aufzeichnung von inklusiven Spielsituationen sollten Angaben zum Datum und Ort des Spiels sowie zu den Beteiligten berücksichtigt werden. Die Spielsituation kann narrativ (also erzählend) notiert werden und später wiederum Grundlage von Teamgesprächen mit anderen Fachkräften im multiprofessionellen Team sein. 

 

3.1.2 Spielprotokolle

Wollen frühpädagogische Fachkräfte einzelne Kinder in inklusiven Spielsituationen genauer betrachten, empfiehlt es sich, Spielprotokolle anzufertigen. Hier kommen nicht nur genaue Zeitangaben bei der Aufzeichnung hinzu, sondern ebenso eine Einschätzung der Rahmenbedingungen (z.B. Anwesenheit einer frühpädagogischen Fachkraft beim Spiel, Beschäftigung mit dem Kind). Beim Spielprotokoll sollte sorgfältig getrennt werden zwischen den beobachtbaren Spieltätigkeiten in inklusiven Spielsituationen und den mimischen, gestischen sowie sprachlichen Äußerungen der Kinder auf der einen Seite und der Interpretation dieser Wahrnehmung durch die frühpädagogische Fachkraft auf der anderen Seite. Für diese Trennung ist es unbedingt erforderlich, dass die Protokollierung der inklusiven Spielprozesse von Kindern ganz sachlich und ohne vorschnelle Wertung erfolgt. Die Interpretation kann wiederum Gegenstand der Beratung im multiprofessionellen Team sein. 

 

3.1.3 Spielkooperationsskala

Soll hingegen der Anteil der sozialen Spieltätigkeiten in inklusiven Settings genau erfasst werden, ist der Einsatz von Kategoriensystemen erforderlich. Das sind in der Regel Beobachtungsbögen, die eine Reihe von klar definierten Spielformen enthalten, die es zu beobachten gilt. Als Basis einer solchen strukturierten Spielbeobachtung leistet die Anfertigung von Videoaufzeichnungen gute Dienste. Die Kinder ignorieren die Technik sehr schnell, wenn sie sich nach einer kurzen Zeit an die Anwesenheit einer Kamera mit Stativ gewöhnt haben. Per Fernbedienung kann die frühpädagogische Fachkräfte selbst bestimmen, welche inklusiven Spielsituationen sie aufzeichnen will und welche nicht. Strukturierte Spielbeobachtungssysteme arbeiten häufig mit einem Time-Sampling-Verfahren, bei dem z.B. auf der Basis von Videoaufzeichnungen alle 60 Sekunden eine Zuordnung zu den Spielformen vorgenommen wird. Der Vorteil der Videoaufzeichnung besteht insbesondere darin, die inklusive Spielsituation mehrfach anschauen zu können. Zur Handhabung von Kategoriensystemen ist in der Regel ein entsprechendes Beobachter-Training erforderlich. Ein Beispiel für ein solches Beobachtungssystem ist die Spielkooperationsskala (Heimlich 1995, Anhang), die auf der Basis der schon erwähnten Kategorien von Mildred B. Parten (1932) konstruiert worden ist. Die Kategorien von Parten sind nach wie vor in der internationalen Spielforschung anerkannt und werden bis in die Gegenwart in zahlreichen Studien immer wieder benutzt. Die Spielkooperationsskala ist bereits erfolgreich auf ihre Praxistauglichkeit geprüft worden. 

 

3.1.4 Teamfallberatung

Die Teamkooperation hat in Kindertageseinrichtungen einen festen Stellenwert. Das gilt sowohl auf der Ebene der einzelnen Gruppe als auch für das Team der Einrichtung insgesamt. In inklusiven Settings gewinnt die Kooperation in multiprofessionellen Teams eine noch höhere Bedeutung, da hier Fachkräfte unterschiedlicher Professionalität (frühpädagogische Fachkräfte, heilpädagogische Fachkräfte, therapeutische Fachkräfte, psychologische und medizinische Fachkräfte, Pflegekräfte) mit Eltern und Kindern in einen intensiven Austauschprozess eintreten. Aufgrund der zentralen Bedeutung des Spiels mit Gleichaltrigen für Inklusion und Partizipation sollte die Teamkooperation auch genutzt werden, um sich intensiv mit den Bedürfnissen einzelner Kinder und ihrer Eltern auseinanderzusetzen. Dazu wird hier das Konzept der Teamfallberatung empfohlen, das ein vereinfachtes und praxiserprobtes Prozessmodell enthält, welches im Anschluss an einen Vorschlag von Herbert Gudjons (2003) für die professionelle Kooperation von Lehrkräften entstanden ist. Aus der wissenschaftlichen Begleitung von inklusiven Bildungseinrichtungen heraus hat sich jedoch gezeigt, dass das Konzept für unterschiedliche pädagogischen Settings geeignet ist. Unter Partizipationsaspekten sollten Eltern und auch Kinder regelmäßig in die Gespräche einbezogen werden. 

 

3.2 Begleitung und Unterstützung inklusiver Spielprozesse (Scaffolding)

Die Begleitung und Unterstützung inklusiver Spielprozesse (Scaffolding) erfordert nun ein komplexes Handlungsmuster. Es wird in der Regel mit aktiver Passivität im Anschluss an Helga Merker et al. (1980) bezeichnet, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass Erwachsene (Eltern, frühpädagogische Fachkräfte) das Spiel von Kindern eher am Rande begleiten, um von Zeit zu Zeit in das Spielgeschehen einzugreifen und sich dann aber auch wieder zurückzuziehen. Aktivität und Passivität wechseln also ständig, wobei die Entscheidung über das eher aktive oder das eher passive Handlungsmuster nur auf der Basis einer intensiven Beobachtung des freien Spiels getroffen werden kann. 

Aus der empirischen Spielforschung in inklusiven Settings haben wir Hinweise auf besonders geeignete Spielmittel und Spielraummerkmale für die Unterstützung inklusiver Spielprozesse. Demnach sollten inklusive Spielumgebungen (Spielmittel, Spielräume). 

 

... möglichst verschiedene Spielformen (z.B. Bewegungsspiele, Explorationsspiele, Konstruktionsspiele, Phantasie- und Rollenspiele) zulassen,

... für Kinder mit unterschiedlichen sensomotorischen Fähigkeiten (z.B. Sehen, Hören, Tasten, Greifen, Bewegen) zugänglich und handhabbar sein,

... möglichst viele Sinne gleichzeitig ansprechen,

... das Zusammenspiel anregen (z.B. Rollen- und Regelspiel),

... gestaltbar sein im Sinne einer Veränderung von Form und Oberflächeneigenschaften (z.B. Natur- und Abfallmaterialien).

 

Bei der direkten Förderung des Spiels begibt sich die frühpädagogische Fachkraft selbst in die inklusive Spielsituation mit hinein. Sie kann im Parallelspiel neben den Kindern spielen und dabei ähnliche oder gleiche Spielmittel oder Spielthemen aufgreifen. Sie kann aber auch eine Rolle im Spiel der Kinder übernehmen und durch Mitspielen ein Spiel in Gang setzen. Beim Spieltutoring schließlich bringt die frühpädagogische Fachkraft durch eigene Spielvorschläge den inklusiven Spielprozess in Gang. Sie kann dabei in der Rolle der Außenstehenden verbleiben (Intervention von außen) oder eine Rolle in dem von ihr vorgeschlagenen Spiel übernehmen (Intervention von innen) oder sogar den Kindern Spieltätigkeiten vormachen (modeling). Und schließlich kann die frühpädagogische Fachkraft beim Spieltutoring die Rolle eines Fürsprechers der Realität übernehmen, indem sie das Spiel von außen kommentiert. All diese spielpädagogischen Handlungsmuster haben sich in entsprechenden Interventionsstudien als effektiv erwiesen (Heimlich 2015). Für die praktische Gestaltung inklusiver Spielsituationen liegen inzwischen auch einige Anregungen vor (Portmann 2013; Clausen 2014; Baer 2016).

3.3 Inklusive Spielprojekte

Im Rahmen des Play Inclusive (P.inc) Action Research Project in Edinburgh (UK) hat sich Theresa Casey (2008, 2005) – zugleich Vorsitzende der International Play Association (IPA) e.V. – in den Jahren von 2002 bis 2004 mit der Entwicklung eines umfassenden Konzepts zur Implementation inklusiver Spielprozesse bei Kindern im Alter von drei bis acht Jahren in unterschiedlichen Settings beschäftigt. Sie stellt ein Rahmenkonzept für die Entwicklung von inklusiven Spielsituationen vor und berichtet von ihren langjährigen Erfahrungen in diesem Bereich. Sie bezieht dabei sowohl Kindertageseinrichtungen als auch Spielplätze und im Grunde die gesamte Kommune mit ein. Aus ihren Erfahrungen zeigt sie zunächst einmal auf, dass selbst gewählte und selbst entwickelte inklusive Spiele der Kinder von Erwachsenen nicht immer positiv bewertet, teilweise sogar abgelehnt werden, in jedem Fall aber unterschiedliche Formen von Wertschätzung durch Erwachsene erfahren. Dabei lassen sich Erwachsene häufig vom äußeren Schein eines inklusiven Spiels täuschen, ohne die von den Kindern vereinbarten Bedeutungen konkreter Spieltätigkeiten zu durchschauen. Ein erster Schritt zum Verständnis inklusiver Spielprozesse ist deshalb nach Casey, dass Erwachsene sich auf die inklusive Spielwelt von Kindern in vollem Umfang einlassen und die beobachtbare Spieltätigkeit nicht vorschnell be- oder gar verurteilen (Casey 2008). Im inklusiven Spielprojekt von Casey zeigt sich somit auch, dass die Unterstützung des inklusiven Spiels von Kindern nicht an der Tür der Kindertageseinrichtung beendet sein kann, sondern letztlich ein kommunales Inklusionskonzept erfordert.

 

3.4 Inklusive Spielgruppen

Ein spezifisches Förderkonzept zum inklusiven Spiel – bezogen auf Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) – wurde von Pamela Wolfberg et al. (2015, 2012, 2008, 2003) von der State University in San Francisco (USA) entwickelt und evaluiert. Es handelt sich um das Konzept der Integrated Play Groups (Inklusive Spielgruppen), die als Kleingruppenintervention unter Beteiligung von Kindern mit und ohne Behinderung angelegt ist und bei der die Kinder von einer frühpädagogischen Fachkraft angeleitet werden. Das spielpädagogische Handlungsmuster wird unter dem Begriff der guided participation zusammengefasst (Petty 2009). Die Gruppen setzen sich aus drei bis fünf Kindern mit Behinderung (ASS) und ohne Behinderung zusammen. Es gibt ein Vorbereitungsprogramm „Friend2Friend“ (Wolfberg 2008, S. 251), in dem die Kinder mit Hilfe von Simulationsspielen und Puppentheatervorführungen darauf vorbereitet werden, auf die Bedürfnisse anderer in besonderer Weise zu achten. Es werden „strukturierte Spieleinheiten“ (ebd., S. 252) mit wiederkehrenden Abläufen und visualisierenden Hilfsmitteln angeboten. Die Kinder werden dabei von einer frühpädagogischen Fachkraft begleitet. Deren Aufgabe ist es, die Kinder bei der Initiierung von Spielkontakten (nurturing play initiations) zu beobachten, das soziale Spiel zu unterstützen (scaffolding) und sozial-kommunkativ anzuleiten (guiding social communication) und das Spiel in der Zone der nächsten Entwicklung (ZNE) (guiding play within the zone of proximate development, ZPD) (Wolfberg et al. 2015, S. 833) anzuregen. Das Modell der inklusiven Spielgruppe deutet darauf hin, dass neben der inklusiven Spielgruppe, an der alle Kinder teilhaben und zu der alle Kinder beitragen sollen, für einzelne Kinder auch andere inklusive Angebote in kleinen Gruppen sinnvoll sind, um ihnen inklusive Spielerfahrungen zu ermöglichen.

 

Literatur

Albers, T. (2011): Mittendrin statt nur dabei. Inklusion in Krippe und Kindergarten. München u. Basel.

Albers, T. & Lichtblau, M. (2014): Inklusion und Übergang von der Kita in die Grundschule: Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte. WiFF Expertisen, Band 41. München.

Baer, U. (2016): 666 Spiele: für jede Gruppe, für alle Situationen. 27. Auflage (mit Download-Material), Seelze.

Casey, T. (2005): Inclusive Play. Practical Strategies for Working with Children aged 3 to 8. London.

Casey, T. (2008): Die Rolle der Erwachsenen bei der Förderung des integrativen Spiels. In: Kreuzer, M. & Ytterhus, B. (Hrsg.): „Dabeisein ist nicht alles“. Inklusion und Zusammenleben im Kindergarten. München u. Basel, 219–238.

Clausen, M. (2014): Inklusion spielerisch umsetzen. 7 x 7 Spiele für die Grundschule. Weinheim u. Basel.

Corsaro, W. H. (2015): The Sociology of Childhood. 4. Auflage, London.

Dewey, J. (1993): Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik. Hrsg. v. Jürgen Oelkers. Weinheim u. Basel (amerik. Originalausgabe 1916).

Gudjons, H. (2003): Fallbesprechungen in Lehrer/-innengruppen. Berufsbezogene Selbsterfahrung: Ein Leitfaden, wie man es macht. In: Ders. (Hrsg.): Didaktik zum Anfassen. 3. Auflage, Bad Heilbrunn, 41–53.

Guralnick, M. J. (2001): Social Competence with Peers and Early Childhood Inclusion. In: Ders. (Hrsg.): Early Childhood Inclusion. Focus on Change. Baltimore, London, Toronto, Sydney, 481–502.

Hansen, R. (2015): Inklusion und Partizipation. In: Reichert-Garschhammer, E., Kieferle, C., Wertfein, M. & Becker-Stoll, F. (Hrsg.): Inklusion und Partizipation – Vielfalt als Chance und Anspruch. Göttingen, 81–96.

Heimlich, U. (1995): Behinderte und nichtbehinderte Kinder spielen gemeinsam. Konzept und Praxis integrativer Spielförderung. Bad Heilbrunn.

Heimlich, U. (2008a): Qualität. In: Lingenauber, S. (Hrsg.): Handlexikon der Integrationspädagogik. Bd. 1: Kindertageseinrichtungen. Bochum/Freiburg, 168–172.

Heimlich, U. (2008b): Modellversuche. In: Lingenauber, S. (Hrsg.): Handlexikon der Integrationspädagogik. Bd. 1: Kindertageseinrichtungen. Bochum/Freiburg, 151–155.

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Ulrich Heimlich, Univ.-Prof. Dr. 

Ludwig-Maximilians-Universität München

Department für Psychologie und Pädagogik

Lehrstuhl Lernbehindertenpädagogik

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