Farbenkräftige Landschaft mit zwei Figuren: Die kleinere Figur blickt den Betrachter an, die zweite ist von hinten zu sehen.

Die Bilder zu den Thema-Artikeln stammen aus der malwerkstatt von Jugend am Werk in Graz: Ursula Zimmer, o. T., Acryl auf Leinwand, 60 × 80 cm, 2015.

Foto: Copyright Ursula Zimmer
aus Heft 1/2019 – Fachthema
Wolfgang Hinte

Sozialraumorientierung – ein Fachkonzept für die Behindertenhilfe

„Sozialraumorientierung“ wird im Fachdiskurs mittlerweile nahezu beliebig für alle möglichen Debatten und Aktivitäten herangezogen, die sich in irgendeiner Weise auf Wohnquartiere, Stadtteile oder „Sozialräume“ beziehen. Dabei steht häufig der territoriale Aspekt im Vordergrund, was regelmäßig zu Verkürzungen führt, die nahelegen, dass es bei der Sozialraumorientierung um Regionalisierungsprozesse, die Ablösung professioneller Tätigkeit durch ehrenamtliche Personen aus dem Quartier oder um eine verbesserte Kooperation verschiedener Einrichtungsträger ginge. Tatsächlich jedoch handelt es sich bei dem Fachkonzept Sozialraumorientierung um ein über viele Jahre hinweg in enger Verzahnung von Theorie und Praxis entwickeltes, in der Tradition der Gemeinwesenarbeit stehendes Konzept für Soziale Arbeit, das zunächst in der Jugendhilfe entwickelt wurde und im Rahmen der Inklusionsdebatte in der Behindertenhilfe enorme Aufmerksamkeit erfährt (dazu Theunissen 2012; Krammer 2017).

Das Fachkonzept „Sozialraumorientierung“

Wenn Professionelle in der Sozialen Arbeit Inklusion fördern wollen, benötigen sie professionsspezifische Standards, quasi identitätsstiftende Kompetenzen. Mit dem Fachkonzept Sozialraumorientierung liegt ein Entwurf vor, solche Kompetenzen mit all ihren organisatorischen und finanzierungstechnischen Konsequenzen zu beschreiben (dazu Hinte & Treeß 2014; Fürst & Hinte 2017; Noack 2015; aber auch Früchtel, Budde & Cyprian 2012). Die dort benannten Prinzipien können als Grundlage für professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit dienen, vielleicht auch hier und da für die Tätigkeit als Therapeut(in) oder als Fachkraft in der Pflege.

Grundsätzlich geht es in der Sozialraumorientierung nicht darum, Menschen zu verändern, sondern Arrangements zu schaffen und Verhältnisse zu gestalten. Der Fokus ist also immer die Umwelt, das Feld, in dem sich die jeweiligen Akteure bewegen. Sozialarbeiter(innen) sind nicht Spezialist(innen) darin, Vergangenheit aufzuarbeiten oder eine gelähmte Frau zu pflegen, aber sie sind in der Lage, leistungsgesetzliche Möglichkeiten mit individuellen Ressourcen zu verbinden, Unterstützung bei der Organisation von Alltagsprozessen zu geben und mit Blick auf individuelle und sozialräumliche Möglichkeiten Verbindungen zu anderen hilfreichen Akteuren herzustellen. Sie kennen sich aus im Quartier, in Leistungsgesetzen, im System der sozialen Versorgung und in Varianten gezielter lösungsorientierter Gesprächsführung sowie in der Moderation von Konfliktsituationen, in denen es darum geht, den nächsten Schritt zu planen. Konkret zeigt sich das in folgenden Prinzipien:

 

1. Im Zentrum stehen immer die Interessen und der Wille der leistungsberechtigten Menschen – egal, ob sie uns gefallen oder nicht. In allen Quartieren, in denen ich gearbeitet habe, musste ich immer wieder neu lernen: Meine Vorstellungen von gelingendem Zusammenleben sind relativ unbedeutend, und es gilt immer wieder aufs Neue, in den jeweiligen örtlichen Gemengelagen, in den je unterschiedlichen, immer wieder neu abgesteckten Claims, bei den je unterschiedlichen Traditionen, baulichen und materiellen Gegebenheiten, bei den je vorhandenen Machtkonstellationen, kulturellen und multikulturellen Eigenarten, in diesen oft nur mit Mühe stillgelegten Bürgerkriegen den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, auf dessen Grundlage halbwegs friedliches Zusammenleben möglich ist. Sozialraumorientierte Arbeit zielt darauf, ein Zusammenleben zu befördern, bei dem möglichst viele der beteiligten Gruppierungen in ihren Interessen geachtet werden, ohne dass sie auf Kosten anderer durchgesetzt werden.

Wir suchen folglich Willen und Handlungsbereitschaft der Menschen und versuchen, zwischen verschiedenen Interessen zu vermitteln bzw. diejenigen Personengruppen zu organisieren, die nicht machtvoll genug sind, sich Bürokratie kompatibel zu organisieren. Gleichzeitig legen wir Wert darauf, dass der Wille von Menschen nicht nur im Quartier Beachtung findet, sondern auch als Grundlage dient bei der Gewährung sozialstaatlicher Leistungen. Derzeit strotzen die Teilhabepläne in der Jugend- und Behindertenhilfe nur so von Zielen, die von den Leistungsträgern für die Betroffenen formuliert wurden – bis heute fehlt eine Kultur der systematischen Erarbeitung des Willens leistungsberechtigter Menschen, weil immer gilt: Um eine Leistungsberechtigung zu erhalten, müssen wir ein Defizit konstatieren, und wer die Musik bezahlt, meint auch bestimmen zu dürfen, wie der Mensch sich zu entwickeln hat. 

Natürlich hat sich gerade in der Behindertenhilfe in den letzten Jahren bezüglich der Autonomie der leistungsberechtigten Menschen vieles positiv entwickelt. Dennoch gibt es – sowohl bei den Fachkräften als auch gleichsam eingegossen in Strukturen – immer noch dieses paternalistische Verständnis, aus dem heraus man meint, den Willen anderer Menschen besser beurteilen zu können als diese selbst. Häufig wird darum mit besten Absichten (etwa: Man will einen Menschen schützen oder einen vermeintlich sicheren Weg wählen) gegen den Willen des Menschen entschieden, weil man zu wissen meint, was dieser „braucht“. In der UN-Behindertenrechtskonvention ist immer wieder die Rede von „Unabhängigkeit“ und „Autonomie“. Diese Akzentuierung macht deutlich, dass es um den Willen und die Wahlmöglichkeit geht; und somit ist klar, dass die Konvention ausdrücklich vom Postulat der individuellen Autonomie her gedacht ist. Dies beinhaltet, dass ich als leistungsberechtigter Mensch selbst wählen kann und auch selbst aktiv bin. Die Frage ist also immer wieder, ob wir ernst nehmen, was die Menschen wollen, oder ob wir schon zu wissen glauben, was gut für sie ist.

Ein Wille wird durch Ziele konkretisiert und in eine Form gegossen. Diese Konkretisierung klar zu formulieren, ist durchaus eine hohe Kunst – für die Fachkräfte wie auch für die leistungsberechtigten Menschen. In der Regel ist es für die Adressat(innen) einer Leistung eine komplizierte und eher fremde Sache, Ziele zu formulieren. Sie haben häufig schlichtweg das getan, was ihnen gerade in den Sinn kam oder was man ihnen nahegelegt oder befohlen hat – wenn auch nicht immer mit zufriedenstellenden Folgen. Sie haben Verpflichtungen mit anderen oder auch mit sich selbst gemieden, und nun sind sie eingeladen, auf der Grundlage eines identifizierten Willens Ziele zu formulieren und dann möglicherweise sogar noch eine Vereinbarung mit Fachkräften zu treffen. Weil das nicht so einfach ist, neigen manche Menschen zu einer die Fachkräfte beruhigenden Zustimmung zu irgendwelchen Zielen, ohne dass man diese dann wirklich ernst nimmt. Manche verweigern sich sogar der Formulierung von Zielen: Sie präsentieren sich willen- und ziellos, vielleicht, weil sie sich verbal den Professionellen nicht gewachsen fühlen, weil sie die eigenen Ziele nicht für so ganz „richtig“ halten oder auch, weil sie sich schwer tun mit inneren widersprüchlichen Impulsen, die sie ganz durcheinanderbringen. Aufgabe professioneller Begleitung ist es, zu helfen, diesen inneren Zustand zu ordnen und möglichst kleinteilig erreichbare Ziele zu formulieren, die so etwas sind wie „rote Fäden“ durch den Unterstützungsprozess. 

Von Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen Wunsch („Ich hätte gern etwas, wozu andere etwas für mich tun sollen.“) und Wille („Ich bin entschlossen, mit eigener Aktivität zum Erreichen meines Ziels beizutragen.“). Wünsche sind selten relevant für sozialarbeiterische Tätigkeit, wohl aber die Energie, die gelegentlich aus einem Wunsch einen Willen macht.

Die Unterscheidung zwischen Wunsch und Wille habe ich in der Form, wie sie im sozialraumorientierten Konzept vertreten wird, weder in der rechtswissenschaftlichen noch in der erziehungswissenschaftlichen Literatur gefunden. Selbst in der aktuellen Literaturflut zur Betroffenenbeteiligung taucht die Kategorie „Wille der Betroffenen“ selten auf – man behilft sich mit Begriffen wie Wünsche (!), Bedürfnisse, Perspektiven oder Vorstellungen. Der Begriff „Bedürfnis“ ist eine eher vernebelnde Mischung aus Wunsch und Wille mit problematischen Folgen für das sozialarbeiterische Radar. Jahrelang sah sozialarbeiterische Praxis so aus, dass die Menschen nach ihren Bedürfnissen gefragt wurden, aber man fast immer nur die Wünsche hörte. Das führte dazu, dass der professionelle, gut gemeinte und sicherlich engagierte, aber häufig helfersyndrom-gesteuerte Beitrag bei der Hilfeproduktion erheblich höher lag als der Beitrag der Adressat(innen). Dass Erwachsene und (ja!) behinderte Menschen tatsächlich einen „Willen“ haben, wird noch Gegenstand einiger harter Lernprozesse in der sozialarbeiterischen Community werden.

Der (nicht immer verständlich geäußerte) Wille der Menschen findet oft im Rahmen der institutionellen „Fallbearbeitung“ wenig Beachtung. In der professionellen Definition werden Wunsch, Wille, Maßnahmen, Hilfeform, Ziele und Aufträge bunt durcheinander gewürfelt. Die präzise Herausarbeitung des (manchmal den Betroffenen selbst nicht so klaren) Willens steckt – vorsichtig ausgedrückt – noch in den Kinderschuhen. Da werden munter Wünsche erfüllt, ohne Not Aufträge erteilt, mafiöse Kontrakte mit empathischer Beziehungsmiene angeboten, da werden Ziele auf einem geradezu Schwindel erregenden Abstraktionsniveau formuliert und Lebensläufe auf eine Art und Weise beeinflusst, die zwar den Normalitätsvorstellungen des normal behinderten Bildungsbürgertums entsprechen mag, die jedoch mit dem (häufig benachteiligten) Milieu kaum kompatibel ist. Die präzise, zielgerichtete und den Interessen der Klient(innen) entsprechende Bearbeitung des Anliegens – wesentlich vorgenommen von den Hilfe suchenden Menschen selbst (mit sensibler Unterstützung seitens der Fachkräfte und unter Nutzung leistungsgesetzlicher Möglichkeiten) – ist heute eher die Ausnahme als die Regel. 

Wenn Wille und Ziele die Grundlagen sind für das jeweilige Unterstützungsarrangement, hat das weitreichende Konsequenzen für sämtliche „Maßnahmen“ und Einrichtungen auch im Bereich der Behindertenhilfe. Die vielerorts vorgenommene Steuerung über sog. Hilfebedarfsgruppen führt derzeit dazu, dass die jeweils vorgehaltenen Hilfen die jeweiligen „Lösungen“ dominieren: Man schaut, wo der betroffene Mensch mit seiner jeweiligen Hilfebedarfsgruppe am ehesten „rein passt“, und dort wird er dann „untergebracht“. Offenkundig ist inzwischen, dass die gesetzlich definierten Bedarfsgruppen letztlich zu einer Fehlsteuerung führen. Kein Mensch hat „stationären Hilfebedarf“ oder braucht „ambulante Eingliederungshilfe“ – vielmehr hat er Ziele, für die es gilt, ein passendes Unterstützungssetting zu entwickeln, und zwar jenseits von Leistungsarten, Hilfebedarfsgruppen oder anderen schubladisierenden Kategorien (Rohrmann 2007). Auf der Grundlage der formulierten Ziele für leistungsberechtigte Menschen braucht es einen kreativen Mix von flexiblen Personen, technischen Geräten, sozialräumlichen Ressourcen und Immobilien, damit der leistungsberechtigte Mensch bei der Erreichung seiner Ziele unterstützt wird. Dazu brauchen wir Leistungserbringer, die jenseits der Versäulung „ambulant“ und „stationär“ oder der Kategorisierungen Sucht, Psychiatrie, Wohnungslosenhilfe und Behindertenhilfe in der Lage sind, passgenaue individuelle Hilfesettings unter flexibler Nutzung formeller und informeller Ressourcen zu kreieren (dazu Haubenreisser et al. 2018).

Der Wille ist also Ausgangspunkt und Bezugspunkt jeglichen professionellen Handelns. Das bedeutet jedoch nicht, dass aus jedem Willen unhinterfragt ein Auftrag für die professionell tätige Person wird. Ein von jeder Moral, Zivilisation und vom Recht losgelöster Wille darf zwar gedacht, aber nie von den Professionellen unterstützt werden. Jeder Wille zählt, aber nicht aus jedem Willen werden Ziele abgeleitet, die realisiert werden. Wenn jemand ernsthaft und energievoll formuliert, dass er seine Nachbarn umbringen will, so darf er das in Gedanken wollen, ja, er darf es sich sogar vorstellen – aus vielerlei Gründen jedoch wird er bei der Realisierung dieses Willens, also bei der Verlängerung in Zielformulierungen, keinerlei Unterstützung durch Fachkräfte erhalten. Diese werden in geeigneter Form darauf hinweisen, dass ein solcher Wille zu einer kriminellen Tat führt, und sollte dieser Hinweis den betreffenden Menschen nicht davon abbringen, diesen Willen zu verfolgen, so wird er selbstverständlich in angemessener Weise daran gehindert werden. 

Im sozialräumlichen Konzept gibt – scheinbar im Widerspruch zu seiner Bezeichnung – das Individuum mit seinen Interessen und Ressourcen „den Ton an“. Wir haben es hier einerseits mit einem hochgradig personenbezogenen Ansatz und andererseits mit einem sozialökologischen, auf die Veränderung von Verhältnissen zielenden Ansatz zu tun, und zwar mit einer integrierenden Zusammensicht dieser beiden in der Geschichte der Sozialen Arbeit immer wieder auftauchenden Stränge. Insofern ist der gern konstruierte Gegensatz zwischen Personenorientierung und Sozialraumorientierung ein allenfalls mühsam herangezogener (dazu Seifert 2009; Krammer 2017). 

 

2. Wir vermeiden Betreuung und setzen auf eigene Aktivität. Fachkräfte gerade in der psychosozialen Arbeit sind immer verführt, die Wünsche der Menschen zu hören und diese als Aufträge zu verstehen. In der Sozialraumorientierung achten wir darauf, dass Betreuung nicht zur Entmündigung führt und dass Menschen dadurch, dass sie selbst etwas tun, Würde entwickeln und Autonomie behalten. In vielen Hilfesystemen wird häufig die falsche Eingangsfrage gestellt – nämlich: Welche Unterstützung brauchen die Menschen? Besser wäre es zu fragen: Was können die Menschen selbst? Was wollen sie erreichen? Welche Leistungen stehen ihnen zu? Und erst dann darf ich fragen, welche Unterstützung sie benötigen. Dies entspringt nicht einer neoliberalen Gesinnung, die den Menschen die berechtigten Leistungen verweigert und darauf setzt, dass man sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zieht. Leistungsgesetzlich garantierte Ressourcen wie auch Fördergelder für einen Stadtteil oder einen einzelnen Menschen zu ergattern, sind äußerst wichtige professionelle Aufgaben, doch nachhaltig wirksam sind sie nur, wenn auf Seiten der begünstigten Menschen nicht eine Haltung gefördert wird, aus der heraus man sich zurücklehnt, auf oben und unten schimpft und die eigenen Möglichkeiten zur Verbesserung der jeweiligen Situation nicht sieht. Ein beschützendes System trägt leicht dazu bei, dass die behüteten Menschen unter ihren Möglichkeiten bleiben. 

Gerade in Einrichtungen der Behindertenhilfe findet sich vielerorts eine institutionell abgefederte, vom Leistungsträger in bester Absicht kontrollierte „Betreuungsdusche“, die bis in die Poren der Institution reicht. Der Klassiker: Die Spülmaschine in der Behinderten-WG ist regelmäßig kaputt – auch deshalb, weil die Bewohner(innen) nicht immer nach den Regeln der Spülmaschinenkunst mit dem Teil umgehen. Nun ist jedoch eine defekte Spülmaschine für so manche Heimaufsicht – getrieben von behördlicher Urangst oder typisch bürokratischer Überkorrektheit – ein Anlass, der Einrichtung eine schlechte Ausstattung oder gar „Sparen auf Kosten der behinderten Menschen“ vorzuwerfen. Also wird die Spülmaschine immer wieder umgehend repariert. Im Sinne einer aktivierenden Arbeit im Rahmen eines inklusiven Konzepts wäre es jedoch, dass die Nutzer(innen) auch mal eine Zeitlang selbst spülen, was möglicherweise dazu führen würde, dass sie den Wert einer Spülmaschine angemessen einschätzen können. Doch selbst, wenn der gesunde Menschenverstand des Personals genau zu einer solchen Aktion rät, sagt der geschulte Trägerverstand: „Vorsicht, wir stehen beim Leistungsträger (oder bei den Eltern oder den Betreuern) schlecht da!“ So gibt es eine Vielzahl institutionell eingebauter Mechanismen, auf die die Institutionen sogar stolz sind, die dazu führen, dass etwa bei kleineren Alltagsschäden sofort der Hausmeister kommt, ein Gerät ausgewechselt wird, eine Putzkolonne auftaucht oder ein spezieller Handwerker geholt wird. Man glaubt sich moralisch auf der sicheren Seite und gehorcht zudem den Vorgaben der Heimaufsicht. Mit Inklusion hat das wenig zu tun, denn man schafft durch derlei „gute“ Versorgungsstrukturen eine konstruierte Welt, die wenig mit dem „normalen“ Leben zu tun hat. Auch zahlreiche Qualitätsmanagement-Prozesse haben leider dazu geführt, dass Institutionen eine Zertifizierung erhielten, die attestierte, dass die Institution optimal betreut: „Alles ist gut hergerichtet, die Zufriedenheit der Kunden ist unser höchstes Gut.“ 

 

3. In einem sozialräumlichen Konzept schauen wir konsequent auf die Ressourcen sowohl der einzelnen Menschen als auch der Quartiere. Zunächst zu den Stärken des Individuums: Ob eine Eigenschaft eine Ressource oder ein Defizit ist, entscheidet sich im jeweiligen Kontext. Nach bürgerlichen Beschreibungs- und Diagnosekriterien sind zahlreiche Menschen verwahrlost, erziehungsschwierig, geistig behindert, entwicklungsgehemmt, verhaltensgestört, verhaltensauffällig und hyperaktiv – in einem anderen Kontext sind die gleichen Menschen kreativ, lebendig, originell, anregend und erheiternd. Reagieren wir auf den 15-Jährigen, der dramatisch erklärt: „Mein Vater hat versucht, mich umzubringen“ mit empathischem Mitleid oder mit: „Gratulation: Du hast es geschafft, zu überleben“? Liegt mein Fokus auf der Durchhaltefähigkeit eines Menschen oder auf dem Bedauern über die katastrophalen Umstände? Dabei geht es nicht darum, Verhältnisse schön zu reden, Handicaps runterzuspielen oder von gesellschaftlich produzierter Ungerechtigkeit abzulenken; es geht darum, die Handlungsfähigkeit innerhalb benachteiligender Bedingungen zu fördern. 

Gerade im Bereich der Behindertenhilfe ist das nicht ganz einfach. Wenn ein behinderter Mensch gelernt hat, mehr auf seine Kompetenzen als auf seine Defizite zu schauen, und dann etwa beim Gutachter des medizinischen Dienstes der Krankenkasse tapfer von seinen Hobbys und seinen sportlichen Fortschritten erzählt (anstatt zu klagen, dass er alleine seinen Alltag nicht bewältigt kriegt), dann könnte er sich um Kopf und Kragen und somit um die gesetzlichen Leistungen reden. Auch die Hilfeplanung auf der Grundlage eines „integrierten Behandlungs- und Rehabilitationsplans“ (IBRP) ist angesichts der Konzentration darauf, dass ja der konkrete Hilfebedarf eines Menschen ermittelt werden soll, nur selten auf Ressourcen bezogen. „Zwar sollten neben den Fähigkeitsstörungen auch die Fähigkeiten der Klienten notiert werden …, jedoch fallen diese in der Praxis eher hinten runter“ (Haselmann 2010, S. 246).

Unsere Finanzierungsstränge setzen das diagnostizierte und immer neu zu diagnostizierende Defizit voraus, und sie orientieren Fachkräfte wie Leistungsberechtigte darauf, immer wieder die vermeintlichen Schwächen zu benennen – und das prägt mental enorm. Und auch hier gilt: Es geht nicht darum, Benachteiligung zu ignorieren oder schlechte materielle Verhältnisse schön zu reden. Fachkräfte müssen in der Lage sein, in mindestens zwei Welten gleichzeitig zu leben: Zum einen müssen sie auf der Grundlage gezielter Defizitbeschreibungen immer wieder Ressourcen in benachteiligte Quartiere bzw. zu benachteiligten Menschen lenken, und gleichzeitig dürfen sie sich nicht den Menschen bzw. den Quartieren gegenüber von diesen Defizitbeschreibungen einlullen lassen. 

Zu den Ressourcen im Quartier. Sozialräumliche Ressourcen gibt es in allen Regionen und Milieus zuhauf, auch wenn es häufig auf den ersten Blick so scheint, als seien manche Quartiere oder Regionen so sehr durch eine mangelhafte Ressourcenausstattung geprägt, dass die Rede von Potentialen oder Netzwerken eher zynisch klingen könnte. Zahlreiche Erfahrungen in sozialräumlicher Praxis, aber auch sozialwissenschaftliche Untersuchungen belegen den Einfallsreichtum der Menschen, wenn es darum geht, auch unter widrigen Bedingungen und in brüchigen Lebensverhältnissen durch Kooperation, Cleverness und Solidarität noch das Beste für sich herauszuholen. Aktive oder aktivierbare Netze reichen von Verwandten, Freund(innen), entfernten Bekannten und Nachbar(innen) über den Postboten, den Hausarzt, die Gemeinde-Caritas, die Skatbrüder bis hin zu Ortspolitiker(innen) und Geschäftskund(innen). Über solche Netze erhält man Tipps für einen billigen Einkauf, Hinweise auf Rabattaktionen, Warnungen vor der einen oder anderen Supermarktkette, man kann sich ein Bügeleisen oder eine Heckenschere ausleihen, sich Ratschläge für Kindererziehung holen, sich einen preiswerten Handwerker empfehlen lassen oder nach jemandem fahnden, der einen günstigen Gebrauchtwagen verkauft.

Diese zahlreichen, ein Wohnquartier prägenden Ressourcen liegen häufig nicht im Blickfeld der zuständigen Fachkräfte. Der leistungsberechtigte Mensch, der Einzelfall, wird gleichsam losgelöst von seinem sozialen Umfeld ausschließlich durch professionelle Ressourcen unterstützt, die an vielen Stellen durch lebensweltlich-sozialräumliche Ressourcen ergänzt, ersetzt oder zumindest angereichert werden könnten. Doch nur wer sich im Sozialraum auskennt, kann die dort vorhandenen Schätze nutzen und im Sinne des professionellen Auftrags einsetzen bzw. mit den eigenen Möglichkeiten kombinieren. Somit ist offenkundig, dass nicht im Sozialraum verankerte Institutionen, bar jeglicher Kenntnisse über sozialräumliche Netzwerke, nur schwerlich in der notwendigen Breite und mit entsprechender Zielgenauigkeit die vielfältigen, vom Einzelfall zunächst unabhängigen Ressourcen nutzen können. Das große Potential dieser häufig fern von der professionellen Arbeit existierenden lebensweltlichen Ressourcen wird trotz ausufernder Ressourcen-Rhetorik nicht annähernd ausgeschöpft (dazu auch Möbius & Friedrich 2010; Bestmann 2013). Die Erkundung derlei Ressourcen im Rahmen sog. „fallunspezifischer Arbeit“ (Hinte 1999) ist ein wesentliches Element im Portfolio sozialräumlicher Aktivität (anschauliches Beispiel: Früchtel & Budde 2011). 

Wer daran arbeitet, Profi-Leistungen zu reduzieren, setzt sich leicht dem Vorwurf aus, mit neoliberaler Gesinnung und inspiriert von behördlichem Konsolidierungsdruck rechtlich verbriefte Leistungen vorenthalten oder gar abschaffen zu wollen: Seit Jahren lauern so manche Autor(innen) geradezu zwanghaft darauf, derlei vermeintliche Bösartigkeiten zu enttarnen und die dahinter lauernden finsteren Gestalten zu bezichtigen, Sozialabbau zu betreiben (etwa Dahme & Wohlfahrt 2011; kritisch dazu Hinte 2012). Dass derlei Kritik vornehmlich formuliert wird von Autor(innen), die am Spielfeldrand der praktischen Arbeit stehen, nicht den Hauch einer Idee für fachlich fundierte Inklusionsarbeit entwickeln, weder praktisch irgendwo etwas geleistet noch jemals längere Reformprozesse in diesem Bereich begleitet haben, jedoch immer schnell dabei sind, den „Gott-sei-bei-uns“ heraufzubeschwören, den Zeigefinger warnend zu erheben und somit alles zu tun, um zu verhindern, dass das derzeitige System verbessert wird, erleichtert nicht immer den Erkenntnisfortschritt. 

Wer Inklusion will, muss gerade an solchen Unterstützungssettings arbeiten, die möglichst viel „Normalität“ auszeichnet: Nachbarschaftliche/ freundschaftliche Hilfe ist eher „Normalität“ als der durch die professionelle Assistenz vorgenommene wöchentliche Einkauf. Dabei ist letzterer nicht grundsätzlich „schlechter“, ja, er ist in vielen Situationen die einzige Möglichkeit einer Versorgung in der eigenen Wohnung; und gleichzeitig ist der Einkauf in Begleitung einer Freundin, der zwar länger dauern mag, die dem individuellen Bedarf besser entsprechende Variante: Der leistungsberechtigte Mensch kann selbst an der Theke aussuchen, er kann sich auf den Weg dorthin unterhalten und er hat einen Anlass, gefahrlos das Haus zu verlassen und „unter die Leute zu gehen“. Die Frage ist immer: Wie sieht der individuelle Lebensentwurf aus? Was ist der „Wille“ des Menschen? Will er lange fit bleiben und möglichst unabhängig von Profis leben, oder wünscht er betreuende Fremdhilfe, um nichts tun zu müssen? Ja, ihm steht natürlich staatliche Unterstützung bei der Realisierung seines Lebensentwurfes zu, und die muss „passgenau“ sein für seinen Willen.

4. Sozialräumliche Arbeit ist zielgruppen- und bereichsübergreifend. Förderprogramme und Leistungsgesetze orientieren auf Anspruchsgruppen bzw. auf Zielgruppen. Ein Wohnquartier ist jedoch nicht fein sortiert nach Zielgruppen, es ist eine nur lose verkoppelte Anarchie, in der natürlich bestimmte Milieus prägend sind und wo gleichzeitig die Verflochtenheit dieser Milieus täglich Thema ist. Wer mit Frauen arbeitet, muss auch mit Männern arbeiten; wer mit Arbeitslosen arbeitet, muss auch mit ortsansässigen Unternehmen arbeiten; wer mit Jugendlichen arbeitet, muss auch mit Erwachsenen arbeiten; wer mit Migrant(innen) arbeitet, muss auch mit Einheimischen arbeiten; wer mit offiziell Behinderten arbeitet, muss auch mit den normal Behinderten arbeiten. Die Konzentration auf eine bestimmte Zielgruppe verstellt den Blick für die Verflochtenheit dieser Gruppen und verstärkt gelegentlich gar die Isolation bzw. die Marginalität der Zielgruppe. So favorisieren wir konsequent Quartierprojekte – und nicht Projekte für oder mit Migrant(innen), Behinderten oder geschlagenen Frauen (dazu Schulz 2014). Natürlich fließen gerade staatliche Geldströme in der Regel über die Zielgruppe, geschuldet der herrschenden Finanzierungslogik. Wer das Quartier nur wahrnimmt als Kulisse für das erwünschte Wohlergehen der eigenen Zielgruppe, übersieht allzu leicht die Energiestränge und Machtströme, die oft erst beim zweiten oder dritten Blick insbesondere oft nur aus Zufall der eigenen Zielgruppe zugutekommen können. Insofern ist ein zielgruppenunspezifischer Blick insbesondere bei der Annäherung an ein Wohnquartier von großer Bedeutung – auch und gerade, wenn man Ausgrenzung nicht zusätzlich durch Vorab-Etikettierung befördern will. 

Gleiches gilt für den Blick über den jeweiligen Bereich hinaus: Die im sozialen Bereich tätigen Menschen übersehen häufig die Bedeutung von Wohnungsbaupolitik, von Arbeitsmarktpolitik, Schul- und Kulturpolitik und der Politik großer Unternehmen für das jeweilige Quartier und konzentrieren sich zu eng auf das ihnen bekannte Milieu (die sozialräumlichen Herausforderungen für die Behindertenhilfe sind gut beschrieben in: Puls-Heckersdorf 2012). 

5. Vernetzung und Abstimmung der zahlreichen sozialen Dienste sind Grundlage für funktionierende Einzelhilfen – dies verweist insbesondere darauf, dass es nur in einer wirklich systematischen Kooperation der (leider häufig zu stark konkurrierenden) Träger wirklich möglich ist, vorhandene Ressourcen in den jeweiligen Arbeitsfeldern besser abzustimmen und insbesondere die zergliederten Finanzierungstränge stärker zu kombinieren bis hin etwa zu Budgets für bestimmte Leistungen und für soziale Räume (dazu Gromann & Krumm 2014; Hinte, Litges & Groppe 2003; Schulz 2014).

Konsequenzen für professionelle Haltung und sozialstaatliche Finanzierung

Im Grunde existiert der hier skizzierte Ansatz in seinen Kernprinzipien seit den 1970er Jahren. Um es in neueren Vokabeln zu sagen: Irgendwie ist er systemisch, lebensweltorientiert, ökosozial, lösungsorientiert und empowernd, doch es gab ihn schon, bevor er in all diese zeitgenössischen Strömungen einfloss: die Gnade der frühen Geburt bzw. des Nachhaltigkeitspotentials der alten Gemeinwesenarbeit. 

Sollen diese Prinzipien konsequent realisiert werden, so sind die Herausforderungen für institutionelle Strukturen und Finanzierungsformen je nach örtlichen Gegebenheiten unterschiedlich. Hilfreich sind u.a. folgende Varianten:

 

Die Finanzierung gesetzlicher Leistungen geschieht – immer auf der Grundlage des individuellen Leistungsanspruchs – über Sozialraumbudgets, Einrichtungsfinanzierungen oder einer Kombination aus Pflegesätzen und Personenfinanzierung.

Die Steuerung von Personal und Geld geschieht nicht mehr über Immobilien oder Fachabteilungen, sondern über lebensweltliche Bezugsgrößen wie Bezirke oder andere regionale Einheiten.

Leistungen werden verstärkt mit sozialräumlichem Bezug erbracht sowie passgenau auf die von den Betroffenen formulierten Ziele zugeschnitten (und dies jenseits der traditionellen Trennung von ambulant und stationär in kooperativ arbeitenden Trägerstrukturen).

Der „rote Faden“ einer Hilfe ist nicht der Auftrag seitens des Kostenträgers, sondern die von den leistungsberechtigten Menschen formulierten Ziele; und dies in einer abgestimmten Kombination von professionellen Hilfen und lebensweltlichen Unterstützungsmöglichkeiten. 

Fazit

Sozialraumorientierung ist ein Konzept für professionelles Handeln, vornehmlich in Feldern Sozialer Arbeit, das methodische, strukturelle und finanzierungstechnische Anregungen gibt, um im Rahmen bzw. unter Nutzung der geltenden Gesetzeslage dazu beizutragen, dass Menschen Klarheit gewinnen über ihren Lebensentwurf, den daraus folgenden Zielen entsprechend selbstbestimmt ihren Alltag gestalten können und möglichst unabhängig sind von staatlicher Unterstützung. „Möglichst unabhängig“ bedeutet, dass es ein breites Spektrum gibt, bei dem einerseits (etwa bei Menschen mit starken Handicaps – dazu Becker 2016; Landesverband Sozialpsychiatrie 2018) umfassende und aufwändige staatlich finanzierte Unterstützung wesentlicher Bestandteil ist und andererseits auch durch den rechtzeitigen gezielten Einsatz Abhängigkeit von staatlichen Leistungen vermieden oder reduziert wird. Somit geht es immer darum, Arrangements zu schaffen, in denen Menschen in schwierigen Lebensverhältnissen unter gezielter und sorgfältig angesetzter professioneller und freiwilliger / ehrenamtlicher / sozialräumlicher Unterstützung möglichst aus eigener Kraft „ihr Leben“ leben können.

Ein wesentlicher Impetus sozialräumlicher Konzepte richtet sich darauf, jenseits von Versäulung, Standardisierung und Schubladisierung im o.g. Sinne „bessere“ Leistungen zu kreieren, die in kluger Weise staatliche (auch versäulte) Leistungen kombinieren mit Unterstützungen durch Ressourcen aus der Lebenswelt, technischen oder anderen Hilfsmitteln sowie den Kompetenzen und Stärken des leistungsberechtigten Menschen. Dabei ist die professionelle Energie nicht darauf gerichtet, dem Kostenträger Geld zu sparen, sondern darauf, Menschen in ihrer Selbstständigkeit zu unterstützen und ihnen zur Seite zu stehen, ihre Ziele zu erreichen. Wenn dabei insbesondere durch eine kreative, flexible und integrierte Nutzung des im System ohnehin befindlichen Geldes Kostenanstiege in den Budgets bestimmter Leistungsarten abgeschwächt werden, ist das durchaus auch deshalb erfreulich, weil dadurch die im öffentlichen Diskurs immer wieder herzustellende Legitimation für ausreichend ausgestattete Sozialhaushalte gestärkt wird und damit denjenigen die Argumente entzogen werden, die über die Kürzung von Einzelleistungen, Pauschalabsenkungen von Finanzierungen für bestimmte Bereiche und die Reduzierung von gesetzlichen Ansprüchen eine sozialstaatlich nicht vertretbare Aushöhlung der Leistungssysteme befördern wollen oder durch Rasenmäher-Kürzungen in banalster Weise öffentliche Haushalte zu sanieren gedenken.

Sozialraumorientierung versucht, auf der Grundlage eines die Autonomie des Individuums achtenden Menschenbildes und eines wohlfahrtsstaatlichen Konzepts, das Lebensrisiken abfedert, soziale Gerechtigkeit über Einzelfall-Leistungsansprüche sichert und die Verantwortung für die Erstellung und Realisierung des Lebensentwurfs beim Einzelnen belässt, die bestehenden Systeme darauf auszurichten, genau solche Unterstützungsleistungen passgenau an die Frau bzw. an den Mann zu bringen, die sich am Willen und den Zielen der Leistungsberechtigten orientieren und deren persönliche und sozialräumliche Ressourcen einbeziehen und stärken. Dies geschieht auf der Grundlage eines konsistenten methodischen Konzepts durch eine Entbürokratisierung von Beantragungs- und Kontrollverfahren, den Aufbau flexibler Systeme der Hilfegewährung und Hilfedurchführung, der Gestaltung kooperativer regionaler Trägerlandschaften und durch ein vorrangig durch Vertrauen geprägtes Verhältnis zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer. 

In der Behindertenarbeit gilt das Normalisierungsprinzip als ein Leitbild, das auf umfassende und verantwortliche Beteiligung der Adressat(innen) in allen Bereichen und auf allen Ebenen des Hilfesystems setzt. Sozialraumorientierung trägt dazu bei, dass die Normalisierungs-Programmatik besser geerdet wird. Auch im Bereich der Behindertenhilfe besteht die Gefahr, dass man sich schnell auf eine fortschrittliche Programmatik verständigt und sich zu wenig damit beschäftigt, was diese in aller Radikalität im konkreten Vollzug bedeutet. Wer bei diesem Nachdenken zu viel Rücksicht nimmt auf vorhandene Finanzierungslogiken und bürokratische Vorschriften, verbleibt letztlich im herkömmlichen Paradigma. An diesen Punkten wird sich zeigen, wie ernst wir sozialarbeiterische Vokabeln nehmen und ob wir uns weiterhin von der Ökonomie, der Bürokratie oder den Medien dominieren lassen. 

 

Literatur 

Becker, H. (2016): … inklusive Arbeit! Das Recht auf Teilhabe an der Arbeitswelt auch für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf. Weinheim/München: Beltz Juventa.

Bestmann, S. (2013): Finden ohne zu suchen. Wiesbaden: Springer VS.

Dahme, H.-J. & Wohlfahrt, N. (2011): Sozialraumorientierung in der Behindertenhilfe: alles inklusive bei niedrigen Kosten? In: Teilhabe, H. 4, Jg. 50, 148–154.

Dörner, K. (2007): Leben und sterben, wo ich hingehöre. Neumünster: Die Brücke.

Faulbaum-Decke, w. & Zechert, C. (Hrsg.) (2013): Ambulant statt stationär. 2. Auflage. Köln: Psychiatrie Verlag.

Fehren, O. (2008): Wer organisiert das Gemeinwesen? Berlin: edition sigma.

Früchtel, f. & Budde, W. (2011): Mit dem Zufall kooperieren. In Teilhabe, H. 4, Jg. 50, 172–178.

Früchtel, F.; Budde, W. & Cyprian, g. (2012): Sozialer Raum und Soziale Arbeit. 3., überarbeitete Auflage. Wiesbaden: Springer VS.

Fürst, R. & Hinte, W. (Hrsg.) (2017): Sozialraumorientierung. Ein Studienbuch zu fachlichen, institutionellen und finanziellen Aspekten. 2. Auflage. Wien: UTB.

Gromann, P. & Krumm, S. (Hrsg.) (2014): Kooperation: Anspruch und Wirklichkeit. Köln: Psychiatrie Verlag.

Haselmann, S. (2010): Die neue Hilfeplanung in der Psychiatrie – Soziale Arbeit zwischen alten Spannungsfeldern und aktuellen Kontroversen. In: Michel-Schwartze, B. (Hrsg.) (2010): „Modernisierungen“ methodischen Handelns in der Sozialen Arbeit. Wiesbaden: Springer VS, 231–278.

Haubenreisser, K. et al. (2018): Qplus – neue Unterstützungsformen im Quartier. In: Teilhabe, H 1, Jg. 57, 16–21.

Hinte, W. (1999): Fallarbeit und Lebensweltgestaltung – Sozialraumbudgets statt Fallfinanzierung. In: ISA (Hrsg.): Soziale Indikatoren und Sozialraumbudgets. Münster, 82–94.

Hinte, w. (2012): Innovation oder Depression – Zum Dilemma der Diskussion um Sozialraumorientierung. In: Teilhabe, H. 2, Jg. 51, 66–68.

Hinte, W.; Litges, G. & Groppe, J. (2003): Sozialräumliche Finanzierungsmodelle. Qualifizierte Jugendhilfe auch in Zeiten knapper Kassen. Berlin: edition sigma.

Hinte, W. & Treeß, H. (2014): Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe. Theoretische Grundlagen, Handlungsprinzipien und Praxisbeispiele einer kooperativ-integrativen Pädagogik. 3. Auflage. Weinheim/München: Beltz Juventa.

Krammer, A. (2017): Personzentrierte und Lebensraumbezogene Soziale Arbeit (auch) bei Menschen mit Behinderung. In: Fürst, R. & Hinte, W. (Hrsg.): Sozialraumorientierung. Ein Studienbuch zu fachlichen, institutionellen und finanziellen Aspekten. Wien: UTB, 175–188.

Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.; Speck, A. & Steinhart, I. (Hrsg.) (2018): Abgehängt und chancenlos? Köln: Psychiatrie Verlag.

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Wolfgang Hinte, Prof. Dr. 

Arbeitet heute nach 35-jähriger Tätigkeit als Hochschullehrer für Sozialpädagogik an der Universität Duisburg-Essen in der Beratung und Begleitung von Organisationen der Jugendhilfe und Behindertenhilfe in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei sozialräumlichen Umbauprozessen.

wolfgang.hinte@uni-due.de